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Pionierprojekte für Straßenbau und -erhaltung


 Berlin. „Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit verbinden" – unter diesem Leitgedanken stand die Informationsveranstaltung „Pionierprojekte für Straßenbau und -erhaltung", welche der Deutsche Landkreistag und die VIFG gemeinsam organisierten und deren Einladung ein interessiertes Fachpublikum aus ganz Deutschland folgte.

Im Fokus standen bei der Fachveranstaltung neben dem „Straßenbauprojekt Lippe" auch weitere vergleichbare Projekte, von den Landesprojekten in Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein bis hin zum kommunalen ÖPP-Pilotprojekt des Bundes. Die Referenten berichteten über die jeweilige Ausgangslage ihrer Projekte, die damit verbundene Aufgabenteilung und erste Erfahrungen. Dabei wurde auch der Zusammenhang der Projekte zu bisherigen (Straßen-)Investitionen sowie die Einbindung von Zuschüssen und Förderungen in die Projekte dargestellt. Darüber hinaus berichteten sie über aktuelle Prognosen und mögliche zukünftige Strategien zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Infrastruktur auf unterschiedlichen föderalen Ebenen.

Dr. Ralf Bleicher vom Deutschen Landkreistag begrüßte die Teilnehmer in den Räumlichkeiten des Deutschen Landkreistages. Anschließend betonte Frank Ulber von der VIFG in seiner Begrüßungsrede, dass eine „nachhaltige Bewirtschaftung von Infrastruktur bedeutet, die Infrastruktur als Investitionsgut zu betrachten". Diese Aussage wurde im Impulsreferat von Dr. Volker Schaedel von der InvestitionsBank des Landes Brandenburg (ILB) aufgegriffen. So referierte er als Leiter der PPP-Kontaktstelle des Landes Brandenburg über die verschiedenen Sektoren, in denen ÖPP's konzipiert werden, sowie über verschiedene ÖPP-Straßenprojekte und deren Entwicklungsprozesse.

„ÖPP beginnt bereits mit der Suche der Partner", eröffnet im Anschluss daran Landrat Friedel Heuwinkel seine Präsentation über die Ziele und Motivation sowie den Werdegang des Projektes im Landkreis Lippe. Mit dem Straßenprojekt Lippe sei eines der neuartigsten Infrastrukturprojekte in der Bundesrepublik an den Start gegangen: „Zum ersten Mal in Deutschland organisiert ein Kreis in Kooperation mit einem privaten Partner den Erhalt und die Sanierung seines Straßennetzes. Mit diesem modellhaften und deutschlandweit einzigartigen Projekt für die bauliche Erhaltung eines gesamten Kreisstraßennetzes möchte der Kreis Lippe mit dem Know-how privater Unternehmer die Bewirtschaftung der Kreisstraßen in Lippe für knapp 25 Jahre sichern und zugleich die kommunalen Steuerungsmöglichkeiten in diesem Bereich erhalten."

Projektleiter Rainer Grabbe ergänzte den Beitrag von Heuwinkel, indem er den Ablauf des Vergabeverfahrens sowie das entsprechende Vertragsmodell und dessen Inhalte ausführlich schilderte. Aus technischer Sicht ging Grabbe besonders auf die messtechnische Zustandserfassung sowie die anschließende Georadaruntersuchungen 2008 ein. Als Ergebnis seines Vortrags hob er die Kosten- und Qualitätsvorteile nochmals hervor, dabei besonders die kostengünstigere Erhaltung samt begleitender Bautätigkeiten durch das Unternehmen und aus Sicht des Kreises, die bessere Verteilung und Steuerung der Risiken sowie die Beibehaltung des kommunalen Einflusses.

Dr. Bleicher, Deutscher Landkreistag
Ulber, VIFG

Dr. Ralf Bleicher vom Deutschen Landkreistag und Frank Ulber von der VIFG bei der Begrüßungsrede.
Foto: Christine Plaß


Auf dem Podium diskutierten u. a. über das Vergabeverfahren und die Wirtschaftlichkeit im Projekt: Friedel Heuwinkel (Landrat), Rainer Grabbe (Projektleiter Kreis Lippe), Dr. Helmut Daniels (BUNG Ingenieure AG), Dr. Ute Jasper (Heuking Kühn Lüer Wojtek), Michael Korn (Alfen Consult GmbH) und Georg Spoden (Heinrich Walter Bau GmbH)
Foto: Christine Plaß


Nach der Vorstellungsrunde gab es Gelegenheit zur Diskussion mit dem Podium, die vom Publikum rege genutzt wurde. Vertreter aus verschiedenen Landkreisen fragten interessiert nach den vorherrschenden Rahmenbedingungen für das Projekt. Von Seiten der Auftragnehmer und der Berater wurden Fragen zu den Vergabeverfahren, der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und den Zustandskriterien gestellt.

Einen anderen Blickwinkel auf ÖPP-Projekte erhielten die Fachexperten anschließend von dem Leitenden Ministerialrat Wilhelm Kolks aus dem Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, der über die Projektziele und die Projektstruktur der ÖPP-Beschaffungsmodelle seines Landes sprach. Seine Erfahrung aus den ersten Verhandlungsrunden zeige beispielsweise, dass die Möglichkeiten individueller Optimierung der Erhaltungsstrategie (im Wettbewerb) kaum genutzt werden und dass diese „flexibler werden müssen, um mit den verschiedenen Instrumenten besser arbeiten zu können. Sowohl das Verhandlungsverfahren als auch der Erfahrungsaustausch dienen der Optimierung des Projektvertrages und der möglichen Zusammenarbeit", fasste er zusammen.

Ein Zeichen dafür, dass die im Bundesfernstraßenbau erzielten Ergebnisse auf den kommunalen Straßenbau übertragbar sind, ist das Projekt Straßen Brandenburg an der Havel, das als Bundespilotprojekt für Kommunalstraßen bekannt wurde.
Dr. Jan Miksch von der PSPC GmbH, Berater für das Projekt der Stadt Brandenburg an der Havel, sprach bei der Bewirtschaftungsstrategie von der bewussten Entscheidung, Prioritäten zu setzen und sich auf bestimmte Schwerpunkte mit der höchsten wirtschaftlichen Relevanz zu konzentrieren. „Ausgangspunkt der Bewirtschaftungsstrategie der Stadt ist das wirtschaftrelevante Netz aufgrund des Vorleistungscharakters der Infrastruktur und der Multiplikatoreneffekte", so Miksch. Zudem monierte er: „Die Straße ist noch nicht von allen Akteuren als Vermögenswert erkannt worden": Erst dadurch würden die neuen Bewirtschaftungsstrategien nachhaltig.

Im Anschluss folgte ein Vortrag über die Straßenprojekte in Schleswig-Holstein. Dabei ging Patrick Woletz von der Investitionsbank Schleswig-Holstein besonders auf das Landesstraßenprojekt L 192 Ellund – Süderlügum ein. Woletz beschrieb bei der Konzeptentwicklung, welche Erwartungen für Einsparpotentiale die öffentliche Hand durch den Lebenszyklusansatz und funktionale Leistungsbeschreibung hat. Als Erfolg verbuche er; dass der Wirtschaftlichkeitsvorteil mit dieser Ausschreibung bei der L 192 erreicht werden konnte.

Abschließend schilderte Roland Balscher-Rester das „Projekt aus Sicht eines Auftragnehmers" und resümierte dabei die Vorhaben, aber auch die Erfahrungen der Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co. KG mit der L192. Als positiv stellte er dabei u. a. die vorausgegangene Projektvorstellung und das Aufklärungsgespräch sowie die Beschränkung der Teilnehmer zur Angebotsabgabe heraus, zugleich benannte er auch einzelne Verbesserungspotenziale für künftige Projektstrukturen und Vergabeverfahren.


Das Fachpublikum zeigte reges Interesse an der Informationsveranstaltung
Foto: Christine Plaß


Am Ende zeigten sich die Veranstalter und Teilnehmer zufrieden mit dem branchenübergreifenden Austausch und waren sich einig: ÖPP bringt frischen Wind in die Verkehrswegeinfrastruktur und gestaltet diese nachhaltig. Ein Teilnehmer zog Bilanz: „Jetzt gilt es die Straße als Vermögenswert in den Köpfen zu verankern!"

Die einzelnen Vorträge können Sie hier herunterladen: