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Die potenzielle Eignung eines Projekts als ÖPP ist Voraussetzung für weitere Untersuchungen. Hier wird dann zunächst ein Rahmenterminplan für die Untersuchungen wie auch für das Projekt selbst (zum Beispiel Schaffung von Baurecht) zwischen den Beteiligten aus Bund und Ländern abgestimmt.


Der Kostenvergleich


Eine wichtige Rolle für die Untersuchungen spielt die Datenaufnahme. Anhand eines eigens vom BMVI entwickelten und abgestimmten Datenrahmens werden sämtliche Kosten des Projekts über den Lebenszyklus erhoben, sodass neben einer technischen auch eine finanzielle Planung erarbeitet werden kann.

Wesentliche Kostenbestandteile bei der Kostenaufnahme sind:

  • die Baukosten,
  • die Betriebs- und die Erhaltungskosten,
  • die Planungs- und Managementkosten,
  • die Reststrukturen in der Verwaltung und im Betriebsdienst sowie
  • der Begleitaufwand.

Maßgeblich ermitteln die Straßenbauverwaltungen der Länder – oder in deren Auftrag die DEGES – die genannten Kosten, da sie auch über die nötigen Kenntnisse für die Planung des Projekts und über Erfahrungswerte zu Kosten in der jeweiligen Region sowie in der Verwaltung verfügen. Daten zu den Verkehrsmengen werden in diesem Stadium ebenfalls erhoben und fließen in die Berechnung der Kosten beziehungsweise in die Vergütung nach der Verkehrsmenge ein.

Auf Grundlage dieser Daten können in einem weiteren Schritt auch die Risiken ermittelt und bewertet werden. Hierzu führen die Beteiligten aus Bund und Ländern einen sog. Risikoworkshop durch, in dem die einzelnen Aspekte anhand einer aus bisherigen Erfahrungen entwickelten, vorgegebenen Liste diskutiert werden. Überdies wird die Verteilung der Risiken zwischen den Projektpartnern Staat und potenzieller privater Betreiber – zunächst im Entwurf – vertraglich geregelt. Natürlich werden die Kosten und die zusätzlich anzusetzenden Risikokosten im Laufe des Ausschreibungsverfahrens anlassbezogen fortgeschrieben.



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Im Rahmen der vorläufigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (vWU) wird im Kostenvergleich für die ÖPP-Variante eigens ein vollständiges Finanzmodell berechnet. Die hierin getroffenen Annahmen beruhen auf den Erfahrungen aus den bisherigen Projekten und orientieren sich zudem an aktuellen Gegebenheiten des Finanzmarkts. Zum Zeitpunkt der abschließenden Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (aWU), d. h. wenn die Submissionsergebnisse vorliegen, werden die getroffenen Annahmen durch die vom privaten Bieter angebotenen Werte ersetzt und somit wird der finale Vergleich durchgeführt.



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Der quantitative Nutzenvergleich


Beim Vergleich der Kosten einer konventionellen Realisierung und der ÖPP-Variante werden ein einheitlicher Qualitäts- und Leistungsstandard sowie gleiche zeitliche Abläufe zu Grunde gelegt. Die (idealisierte) Theorie entspricht jedoch nicht immer der Realität. Zudem können durch den spezifischen Charakter der beiden Beschaffungsvarianten noch weitere Abweichungen auftreten.

Daher widmet sich der Nutzenvergleich im Wesentlichen der Quantifizierung unterschiedlicher Bauabläufe, Fertigstellungstermine und Erhaltungskonzepte für beide Beschaffungsvarianten. Die für den Vergleich erforderlichen Angaben werden größtenteils durch die Straßenbauverwaltungen der Länder bzw. in deren Auftrag der DEGES übermittelt. In der aWU werden die Angaben auf der ÖPP-Seite durch die entsprechenden Angaben im Angebot der Bieter ersetzt. Die erzielbaren Nutzen für ein Projekt sowie die prognostizierten Verkehrsmengen können über sog. Projektdossiers (abrufbar im Projektinformationssystem (PRINS) zum Bundesverkehrswegeplan 2030) ermittelt werden.


Im Nutzenvergleich monetär zu bewertende Unterschiede der Beschaffungsalternativen ergeben sich primär in drei Punkten.

  1. Aktivierung des Gesamtnutzens der Maßnahme
    Die Wirkung einer Maßnahme im Vergleich zur Ausgangssituation drückt sich im volkswirtschaftlichen Nutzen aus. Dieser Nutzen wird u. a. für Autobahnprojekte (Bauvorhaben) nach der Methode der BVWP ermittelt. Erfasst werden alle relevanten Wirkungen, etwa Verkehrsbeteiligungsdauer, Erreichbarkeit, Verkehrssicherung, Umweltwirkungen oder Transportkosten. Der volkswirtschaftliche Nutzen der Maßnahme gilt für die gesamte Nutzungsdauer, tritt aber erst bei Fertigstellung ein. Der nach der Methode der BVWP-Bewertung abgeleitete Nutzen wird also bis zur Verkehrsfreigabe als entgangener Nutzen angesetzt (nicht berücksichtigt ist hierbei die Beeinträchtigung durch die Bautätigkeit). Bestehen zwischen den beiden Beschaffungsvarianten Unterschiede hinsichtlich der Baufertigstellung, tritt der volkswirtschaftliche Nutzen entsprechend zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein.
  2. Einfluss der Dauer der Bautätigkeit
    Während der Bautätigkeit (also in der Zeit vor Eintritt des volkswirtschaftlichen Nutzens unter 1.) entstehen den Verkehrsteilnehmern je nach Intensität und Dauer der Bautätigkeit diverse Nachteile. Die Beeinträchtigungen lassen sich in drei Haupteffekte unterteilen.
    1. Reisezeitverluste
      Eine Baustellenstrecke kann nur mit reduzierter Geschwindigkeit befahren werden. Volkswirtschaftlich führt dies zu Nachteilen in Abhängigkeit von der Länge der Baustelle. Durch eine kürzere Bauzeit einer Beschaffungsvariante entstehen also geringere Verluste, die als Vorteil zu monetarisieren sind.
    2. Stauanfälligkeit
      Neben Reisezeitverlusten innerhalb der Baustelle erhöht sich auch das Staurisiko vor der Baustelle – weitgehend unabhängig von der Baustellenlänge und räumlich gesehen im Bereich der Veränderung der Verkehrsführung vor der Baustelle. Eine kürzere Bauzeit führt daher auch zu einer Reduktion von staubedingten Reisezeitverlusten.
    3. Unfallrisiken
      Neben den Reisezeitverlusten und dem erhöhten Staurisiko besteht in Baustellen zudem über die komplette Baustellenlänge ein erhöhtes Unfallrisiko. Die Bündelung von Baustellen sowie eine kürzere Bauzeit reduziert dieses Risiko.
  3. Volkswirtschaftlich relevante Nutzenunterschiede durch Betriebsdienst und Erhaltung
    Auch nach Bauende können durch Betriebsdienst- und Erhaltungsmaßnahmen volkswirtschaftlich relevante Nutzenunterschiede zwischen den Beschaffungsvarianten entstehen, weil sich die Organisation und Abwicklung der Arbeiten auf die Streckenverfügbarkeit auswirkt. Analog zur Bautätigkeit gilt auch für die Betriebsdiensttätigkeit die Differenzierung nach Reisezeitverlusten, Stauanfälligkeit und Unfallrisiken.

Die folgende Abbildung zeigt exemplarisch die unterschiedlichen Nutzenkomponenten. Bis zur Fertigstellung einer Maßnahme kann der Nutzen nicht realisiert werden und wird somit als entgangener Nutzen angesetzt (in der Abbildung grün dargestellt). Während der Bauphase ergeben sich durch die baubedingten Verkehrsbeeinträchtigungen Nachteile, hier als negativer Nutzen rot violett, türkis und orange dargestellt. Mit der Fertigstellung wandelt sich die Situation jedoch. Ab diesem Zeitpunkt kann der Nutzen der Baumaßnahme (im Vergleich zur Ausgangssituation) angesetzt werden. Außerdem reduzieren sich die baustellenbedingten Beeinträchtigungen nach Abschluss der Baustelle und fallen auf das Standardniveau während der Betriebsphase (in der Abbildung grün blau, rosa und hellgrün dargestellt) zurück.


Der qualitative Nutzenvergleich


Führen der Kosten- und der quantitative Nutzen in der WU noch nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, kann ein qualitativer Vergleich in Form einer Nutzwertanalyse in die Abwägung einbezogen werden.

Hier fließen Konsequenzen ein, die nicht mit einem Geldwert – also monetär – bemessen werden können, sondern rein qualitativ sind, also mit Worten beschreibbar. Wie einleitend ausgeführt, spielen hier Kriterien wie die Erreichbarkeit von Lebensräumen, die Sicherstellung ausgeglichener Lebensverhältnisse oder die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands eine Rolle. Weitere Aspekte sind denkbar (z. B. die Förderung erneuerbarer Ressourcen).

Festgelegt werden diese Kriterien stets mit Blick auf das individuelle Projekt. Dabei ist darauf zu achten, dass nicht Punkte, die bereits Gegenstand des monetarisierten Nutzenvergleichs waren, noch einmal berücksichtigt werden. Stehen die Kriterien fest, werden sie dahingehend bewertet, ob sie einen Vorteil zugunsten der konventionellen bzw. der ÖPP-Beschaffungsvariante aufweisen oder neutral sind. Aus der Summe der Einzelbewertungen lässt sich sodann ableiten, welche Beschaffungsvariante – ÖPP oder konventionell – einen qualitativen Nutzenvorteil bietet.


Abschließende Bewertung der Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung


Zum Schluss müssen die Erkenntnisse aus dem Kosten- und Nutzenvergleich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ausgewertet werden. Dabei werden nicht einfach die einzelnen Teilergebnisse miteinander verrechnet; sinnvoll ist vielmehr eine verbale Zusammenführung. Die Gesamtschau erlaubt Rückschlüsse auf die voraussichtliche "Wirtschaftlichkeit" eines Projekts und einer Beschaffungsform.


Aufgaben der VIFG in einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung


Die Kernkompetenzen der VIFG liegen in den Bereichen Finanzierung und Wirtschaftlichkeit. Deshalb wirkt sie bei den ÖPP-Projekten vor allem in diesen Teilbereichen mit. Sie unterstützt das BMVI auch in Grundsatzfragen zur Methodik. Hierzu zählt u. a. auch die (Weiter-) Entwicklung der Berechnungsmodelle, mit deren Hilfe der Kosten- und Nutzenvergleich im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt werden kann. Darüber hinaus übernimmt die VIFG für ausgewählte Projekte auch die Durchführung einer vWU und einer aWU für das BMVI. Im Bereich der Finanzierung arbeitet die VIFG bei der Erstellung von Vergabeunterlagen und der Auswertung von Angeboten mit und war in dieser Funktion bisher an sämtlichen ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau beteiligt.