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Jedem Vorhaben, das über eine Öffentlich-Private Partnerschaft (ÖPP) umgesetzt werden soll, geht eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung voraus. So lässt sich für den jeweiligen Maßnahmenträger ermitteln, welche Beschaffungsvariante für ein bestimmtes Projekt die wirtschaftlichste ist. Eine angemessene WU ist übrigens nach § 7 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) für jedes finanzwirksame Handeln des Staates durchzuführen. Diese Vorgabe gilt also nicht nur für ÖPP-Projekte und beschränkt sich auch nicht auf den Bundesfernstraßenbau – sie wirkt auch in anderen Bereichen der öffentlichen Beschaffung.

Die einzelnen Aspekte, die bei einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zu berücksichtigen sind, finden sich in der „Arbeitsanleitung Einführung in die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen" des Bundesministeriums der Finanzen (Einführung durch Rundschreiben vom 12.01.2011, geändert durch Rundschreiben vom 20.12.2013). Spezifischen, für ÖPP relevanten Fragestellungen widmet sich zudem der vom Bundesministerium der Finanzen (mit Rundschreiben vom 20.08.2007) und im Auftrag der Finanzministerkonferenz (FMK) eingeführte „Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten".

Aufgrund seines übergreifenden Ansatzes geht dieser Leitfaden jedoch nicht auf die Besonderheiten von ÖPP-Vorhaben im Bundesfernstraßenbau ein. Begleitend zu der Durchführung der Pilotvorhaben im Bundesfernstraßenbau, den so genannten A-Modellen, erstellte das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI, vormals BMVBS) deshalb außerdem den „Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für die Vergabe von Betreibermodellen nach dem A-Modell im Bundesautobahnbau" (Stand Oktober 2008), der insbesondere auf Basis der in den bisherigen Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen gesammelten Erfahrungen fortgeschrieben wird. Die aufgeführten Dokumente finden Sie im Download-Bereich.

Gemäß den Ausführungen im sog. „FMK-Leitfaden" sorgt die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung für eine transparente Darstellung der ökonomischen Auswirkungen und die Optimierung der Kosten über die gesamte Laufzeit/den Lebenszyklus eines Projekts.

Sie dient

  • der Erfüllung der rechtlichen Anforderungen der Bundeshaushaltsordnung,
  • als Entscheidungsinstrument zur Ermittlung der wirtschaftlicheren Beschaffungsvariante und
  • als Management- und Steuerungs-/Controlling-Instrument.

Der ÖPP-Beschaffungsprozess unterliegt dem folgenden, insgesamt vier Hauptphasen umfassenden Schema:

Hauptphasen ÖPP-Beschaffungsprozess


Die Auswahl und Festlegung eines Projektes erfolgt in Phase I des ÖPP-Beschaffungsprozesses. Bei Bundesfernstraßenprojekten wird der Bedarf über das Fernstraßenausbaugesetz festgelegt, dem der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als Anlage beigefügt ist. In der Regel geht es bei den ÖPP-Projekten im Bundesfernstraßenbau um vorrangig zu realisierende Streckenabschnitte. Da neben dem Bau ein weiterer Schwerpunkt die Erhaltung ist, kommen aber im Prinzip auch Streckenabschnitte ohne Bautätigkeit in Betracht.

In dieser Anfangsphase wird ein Projekt auf seine grundsätzliche Eignung für eine ÖPP-Beschaffung hin untersucht. Dabei spielen insbesondere Informationen zum Stand der Baurechtsschaffung, schon verfügbare Kostenschätzungen, die Lage von Betriebsdienststandorten und die verkehrlichen Belastungen eine Rolle. Stellt sich heraus, dass sich das Vorhaben für eine ÖPP-Beschaffung eignet, werden in der Regel auch das Geschäftsmodell und der konkrete Projektzuschnitt für den nächsten Untersuchungsschritt festgelegt.

In Phase II folgt die vorläufige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (vWU), in deren Rahmen die konventionelle öffentliche Beschaffungsvariante (Public Sector Comparator, kurz: „PSC") ermittelt und mit der ÖPP-Variante verglichen wird. Fällt dieser Vergleich zugunsten der ÖPP aus, wird das Projekt ausgeschrieben; andernfalls muss das untersuchte Vorhaben in anderer Form realisiert werden.

Um die beiden Beschaffungsvarianten sachgerecht vergleichen zu können, müssen bestimmte Annahmen getroffen sowie die jeweiligen Kosten- und Nutzenwirkungen ermittelt und bewertet werden. Gemäß „FMK-Leitfaden" ist kostenseitig für den PSC auf empirische Daten der Verwaltung und Richtwerte, ggf. auch auf sorgfältig ermittelte Vergleichsgrößen zurückzugreifen. Als Maßstab dient die jeweilige Beschaffungswirklichkeit: „Dabei dürfen lediglich solche Optimierungsansätze Berücksichtigung finden, die zu diesem Zeitpunkt vom öffentlichen Projektträger erkannt werden und deren Realisierung auch bei konventioneller Beschaffung des konkreten Projekts sichergestellt wäre." (vgl. Leitfaden „Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen bei PPP-Projekten", 2006, S. 23)

Zusammenfassend gibt die vWU einen Überblick über die potenzielle Wirtschaftlichkeit der Beschaffungsvarianten auf Basis des zum Zeitpunkt der Untersuchung erreichten Entwicklungs- und Informationsstandes des Projekts.

Der abschließenden WU (aWU) in Phase III liegt sowohl auf PSC- als auch auf ÖPP-Seite die definitive Projektausgestaltung zugrunde, entsprechend der (ggf. im Rahmen von Verhandlungen angepassten) Vergabeunterlagen. Abschließend werden in dieser Phase die Marktpreise für die ÖPP-Beschaffung abgefragt und berücksichtigt. Bei der aWU ersetzt also der Angebotspreis des obsiegenden Bieters die im Rahmen der vWU (ggf. unter Verwendung von Zu- und Abschlägen) geschätzten ÖPP-Kosten. Bestätigt allerdings kein Angebot die ÖPP-Variante als günstigere Lösung, muss das untersuchte Vorhaben in anderer Form realisiert werden.

Der Zuschlag für die ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbau setzt also jeweils die Wirtschaftlichkeit der ÖPP-Vergabe gemäß der aWU voraus. Mit Vertragsbeginn wird in Phase IV ein „systematisches Prüfverfahren" als „Vertragsmanagement der ÖPP-Projekte im Bundesfernstraßenbau" eingerichtet. Dieses dient auf Projektebene der laufenden Qualitätskontrolle und der Aufdeckung und Analyse von Abweichungen in wirtschaftlicher Hinsicht. Übergeordnet lassen sich zudem ggf. Erkenntnisse für weitere ÖPP-Vorhaben wie auch für die konventionelle Beschaffung gewinnen.